Das Maedchen Helga

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KindesMissbrauch

 

 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

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 Das Mädchen Helga

 

Helga mit den rotblonden Zöpfen und den lustigen Sommersprossen auf der Stupsnase trällert ein Lied. Ihre Hand liegt vertrauensvoll in der des alten, dicklichen Bergmann. Sie haben sich schon ziemlich weit von den Mauern des ehrwürdigen Klosters entfernt, überqueren jetzt die Hauptstraße, laufen den schmalen Weg am Alten Teich entlang und machen Halt vor einem Gartentor. Der alte Bergmann holt einen Schlüssel aus seiner Hosentasche und schließt das Tor auf und von innen wieder zu.
Es ist Frühling. Im Garten blühen die Kirschbäume. Die Sonne steht schon ziemlich tief. Doch noch immer umschwirren Hummeln und Bienen die weißrosa Blüten.
Der Mann ergreift wieder die Hand des Mädchens und führt es zu einem Bretterverschlag.

 

"Geh da hinein, Helga", sagt er mit sanfter Stimme. "Dort drin ist ein Geheimnis. Das darfst du aber keinem Menschen verraten. Es muss für immer und ewig unser Geheimnis bleiben. Versprichst du mir das?"

Helga nickt gehorsam. Sie ist wie immer etwas ängstlich, aber auch sehr neugierig. Neugierig auf das Geheimnis, das in dem dunklen Verschlag auf sie wartet. Werden Schätze da drinnen sein? Bunte Tonkugeln? Glaskugeln mit seltsamen Gebilden? Bunte Bänder vielleicht, ein Kreisel aus Holz? Mit vielen Rillen? Eine Peitsche dazu? Oder gar ein Sesam öffne dich? wie in dem dicken, bunten Märchenbuch, aus dem der alte Bergmann den Mädchen jeden Abend eine Geschichte vorliest? Ja, sie wird schweigen. Sie hat immer geschwiegen. Niemals hat jemand gefragt, was sie denkt oder fühlt. Ja, sie kann schweigen.
Fröhlich hüpft sie durch die niedrige Tür und steht plötzlich im Dunkeln. Sie mag keine Dunkelheit. Sie hat Angst und das Herz pocht ihr bis zum Hals.

"Onkel Bergmann, mach bitte Licht an", sagt sie zaghaft.
"Licht haben wir hier nicht", erwidert der alte Bergmann leise. "Aber du brauchst keine Angst zu haben. Ich mach gleich den Fensterladen auf, damit du mich sehen kannst."

Sofort beruhigt sich Helga wieder. Onkel Bergmann ist ein netter Mensch. Er ist die Gute Seele des Hauses, wie die Nonnen immer sagen. Man kann ihn nicht entbehren, auch wenn er manchmal etwas eigenartig ist. Er versorgt das Kloster mit Holz und sorgt dafür, dass die Zöglinge es immer schön warm haben und im Winter nicht frieren müssen. Er reinigt auch die alten Kanonenöfen, von denen in jedem Zimmer einer in der Ecke steht, und er putzt die langen, schwarzen Rohre, damit sie immer schön glänzen. Auch für das Licht sorgt er, damit er den Kindern jeden Abend Punkt achtzehn Uhr eine schöne Geschichte vorlesen kann, bis die Nonne Henriette kommt und sagt:

"Schluss jetzt, Herr Bergmann. Die lieben Kleinen müssen nun schlafen. Auf welches Mädchen fällt diesmal ihre Wahl? Welches war besonders folgsam?"

Einige Mädchen werden ganz steif in ihren Betten und ziehen sich schnell die Decke über den Kopf.

"Diese, da", sagte er diesmal und zeigte auf sie.
"Komm, Helga", hatte Henriette gesagt und ihr die Zöpfe fester gebunden. "Du darfst noch eine Stunde in Herrn Bergmanns Garten spielen."

Jetzt ist er nach draußen gegangen und hat den Laden zur Seite geklappt. So fällt die Dämmerung in den Raum.
Helga erkennt eine Eckbank an der Wand unter dem Fenster und davor einen langen Holztisch. An der Stirnseite steht ein grün gestrichener, roh zusammengeschusterter, alter Stuhl und darauf liegt ein dicker Strick. Daneben ein rotes Tuch.

"Sind das die Schätze?"

 

Helga läuft schnell darauf zu.

"Ja", die Schätze."

 

Der Mann lacht ein warmes Lachen und streichelt zärtlich ihre Wangen.

"Und wo ist das Geheimnis?", will sie wissen und reibt ihr Gesicht an dem rauen Stoff der Hose des alten Bergmann.
"Ich zeig es dir", sagt er. "Ich führe dich hin. Aber ich muss dir die Augen verbinden, damit du es nicht zu früh siehst.

Helga schließt die Augen und der alte Bergmann legt ein Tuch darüber, verknotet es an ihrem Hinterkopf und brummt zufrieden. Jetzt summt er sogar eine Melodie, sie hört Wortfetzen des Textes

 

- Wie ein Vogel zu fliegen/In die Lüfte hinein/ Ja das wäre ein Vergnügen/ Möcht' ein Vogel wohl sein.

Der Mann ist über sich selbst gerührt. Er liebt diese kleinen, süßen Dinger. diese fünf bis sechsjährigen. Ihre zarte Haut. Die Unschuld ihrer Seelen. Er muss sie besitzen, obwohl er weiß, dass danach unweigerlich der Katzenjammer einsetzt, das schlechte Gewissen ihn zerfrisst, er die ganze Nacht vor dem Altar in der Kapelle kniet und er sich mit dem Ochsenziemer blutig züchtigt und Gott um Vergebung bittet. Wie oft hat er sich geschworen, es nie wieder zu tun, wie viele Male gewünscht, von außen entdeckt und seiner gerechten Strafe zugeführt zu werden? Doch hinter den Klostermauern liegt das große Schweigen, und er ist ein schwacher Mensch, ein Mann, der sich und die Mädchen zerstört. Das ist ihm schmerzlich bewusst. Aber, er muss es tun. Er muss. Das Verlangen ist zu stark. Die Leidenschaft. Der Druck.

"Warum weinst du, Onkel Bergmann?"
"Setz dich auf den Stuhl, setz dich, meine kleine, süße Prinzessin."

Folgsam setzt sich Helga auf den Stuhl. Was wird geschehen? Ist das ein Spiel? Plötzlich spürt sie, wie der Mann ihre Arme mit dem dicken Strick an die Lehne des Stuhles bindet und bekommt Angst. Auch ihre Füße werden festgebunden. Nun laufen auch ihr die Tränen über die Wangen, die Mundwinkel, die Halsbeuge, hinein in den Ausschnitt ihres leichten Sommerkleides.

"Hab keine Angst", sagt der alte Bergmann zärtlich. "Wenn du ganz lieb bist, passiert dir nichts. Aber wenn du schreist, muss ich dich bestrafen. Dann bist du ein garstiges, kleines Mädchen. Dann binde ich dir den Mund zu. Also, sei ganz artig."

Tapfer beißt Helga die Zähne zusammen und nickt. Sie sagt auch nichts, als die dicken, heißen Hände des Mannes unter ihr Kleid mit den gelben Schmetterlingen tasten, obwohl sie ahnt, dass das, was da geschieht, nicht gut ist, dass der alte Bergmann das nicht tun darf.
Als ihr übel wird, will sie aufspringen und weg laufen. Doch es geht nicht. Sie ist festgebunden. Sie will schreien. Sie darf nicht.

"So, genug", sagt der Mann plötzlich mit veränderter Stimme und bindet sie los.
"Ich will zu meiner Mami!"
"Du hast keine Mami", sagt er grob. "Deine Mami ist tot. Das weißt du doch."

Helga schluchzt. Ihr Atem ist flach und stoßweise.

"Ich muss dich bestrafen." Der Mann ist jetzt sehr böse. "Du bist ein unartiges, kleines, widerspenstiges Gör. Mach den Mund auf!"

Sie öffnet den Mund und glaubt, im selben Moment ersticken zu müssen. Dann bin ich tot, denkt sie, wie Mami. Und ich komme nie wieder. Und nie werde ich das Geheimnis erfahren. Nie. Ich werde also tun, was er verlangt.

"Du bist ein braves Mädchen", sagt der alte Bergmann später.

 

Er führt Helga in die Ecke neben dem Fenster, in der eine Kommode und darauf eine Schüssel und ein Krug Wasser stehen.

 

"Ich wasch dir die Tränen ab. Du brauchst doch nicht zu weinen. Es ist doch alles gut."

 

Er öffnet ein Schubfach und entnimmt einem Kästchen eine Tafel Schokolade und einen Fünfmarkschein.

 

"Das ist für dich", sagt er. "Weil du so eine süßes, kleines Dingelchen bist. Und so folgsam warst."
"Und das Geheimnis?"

 

Helga schaut ihn mit großen, bittenden Augen an. .

"Das ist unser Geheimnis", sagt der alte Bergmann. "Du warst lieb zu mir. Und dafür bekommst du die Schokolade und das Geld. Verstanden?"

Helga macht einen Knicks und nickt. Doch die Tränen laufen noch immer über ihr Gesicht. Nie hätte sie gedacht, dass ein Geheimnis so weh tut.

"Das darfst du aber keinem erzählen", wiederholt sich der alte Bergmann. "Das nächste Mal bekommst du wieder Schokolade und Geld, ja?"

Helga isst sehr gern Schokolade. Auch das Geld ist nützlich. Es kommt in die Sparbüchse. Es ist für die Mami. Vielleicht gibt es im Himmel ja nicht genug Arbeit, weil da zu viele Menschen wohnen? Sie wird es später in dem Klostergarten unter die uralte Eiche legen. Dann wird der Wind kommen und die Scheine in die Wolken wirbeln, und die Wolken werden es in den Himmel bringen zur Mami. Dann freut sie sich.

 

Viele Jahre sind seitdem vergangen. Aus dem Mädchen Helga ist eine junge Frau geworden. Sie hat das Kloster verlassen. Doch sie ist keine gewöhnliche Frau. Sie ist eingesponnen in ihre eigene Welt, lebt in einer Hütte im Wald und schreibt Geschichten.

Und manchmal, in hellen Vollmondnächten, kann man ihre elfenhafte, in ein weißes Gewand gehüllte Gestalt unruhig zwischen den uralten Bäumen wandeln sehen.
 

 

 

 

 

 



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